Über die Höhe und die Verteilung der Subventionen für Landwirte lässt sich trefflich streiten. Keine Branche wird in Deutschland so hoch subventioniert. Insgesamt wurden 2020 etwa 6,84 Milliarden Euro für Agrarsubventionen ausgezahlt. Bewilligt wird diese gigantische Summe aber nicht nur für landwirtschaftliche Betriebe. Sie kam auch landwirtschaftlichen Verbänden wie dem „Deutschen Bauernverband“, den landwirtschaftlichen Behörden
Über die Höhe und die Verteilung der Subventionen für Landwirte lässt sich trefflich streiten. Keine Branche wird in Deutschland so hoch subventioniert. Insgesamt wurden 2020 etwa 6,84 Milliarden Euro für Agrarsubventionen ausgezahlt. Bewilligt wird diese gigantische Summe aber nicht nur für landwirtschaftliche Betriebe. Sie kam auch landwirtschaftlichen Verbänden wie dem „Deutschen Bauernverband“, den landwirtschaftlichen Behörden und Agrar-Unternehmen in Deutschland zugute.
Ob die Subventionierung der genannten Institutionen immer sinnvoll ist, ob sie hoch genug oder zu hoch ausfällt, und ob das gesamte Subventionssystem vielleicht verbesserungswürdig ist – darüber wird seit Jahrzehnten heftig debattiert. Letztlich definiert die EU-Agrarpolitik, wo es lang geht.
Der Beginn der Subventionszahlungen im Agrarbereich
Begonnen hat alles nach dem Zweiten Weltkrieg. Die kriegsbedingt darnieder liegende deutsche Wirtschaft musste dringlich angekurbelt werden. Die hohen Lebensmittelpreise sollten mit staatlichen Finanzspritzen abgesenkt werden, um die Konsumlaune zu heben. Die Regierung entschied daher, die einheimischen Produzenten von Lebensmitteln zu bezuschussen.
Zu dieser Zeit gab ein durchschnittlicher deutscher Haushalt etwa 40 Prozent seines Haushaltsbudgets für Nahrung aus. Heute sind es nur noch etwa 11 Prozent. Dafür sind gestiegene Löhne und Gehälter, aber auch die EU-Subventionen verantwortlich. Durch die Subventionen für Landwirte wurden landwirtschaftlichen Produkte aus Deutschland wettbewerbsfähig gehalten. Heutzutage kann keine bedeutende Exportnation, die mit landwirtschaftlichen Produkten eine Rolle auf dem Weltmarkt spielen möchte, auf die Agrarsubventionen der EU verzichten.
Genutzt werden dafür Steuergelder, die durch Mitgliedsländer an die EU abgeführt werden. Damit kann die EU ihre Agrarpolitik und die Ausschüttung von Subventionen an Landwirte finanzieren. Jeder Bundesbürger trägt im Schnitt 114 Euro jährlich dazu bei.
Wie werden Landwirte subventioniert?
Mehr als 80 Prozent der Fördermittel, die die EU verteilt, fließen in die sogenannte erste Säule. Gemeint sind damit die sogenannten Grundprämien, die Bauern als Subventionen für Landwirte je Hektar Land erhalten. Je größer der Hof, desto reichlicher fließen Fördergelder. Kleine landwirtschaftliche Betriebe werden zwar nicht mit höheren Summen subventioniert. Sie profitieren aber von der Regel, dass die ersten 46 Hektar Land mit höheren Subventionszahlungen bezuschusst werden.
In Geld ausgedrückt, kann jeder landwirtschaftliche Betrieb in Deutschland mit etwa 300 Euro an Subventionen für Landwirte je Hektar Fläche rechnen. Von den verbliebenen 20 Prozent der EU-Fördergelder wird die zweite Säule finanziert. Aus dem damit gefüllten „Geldtopf“ können Ausgleichzahlungen für freiwillig geleistete Naturschutzmaßnahmen oder eine ökologische Bewirtschaftung gezahlt werden. Diese zusätzlichen Fördermittel werden für besondere Leistungen ausgezahlt.
Durch die Subventionen für Landwirte hat einerseits der Staat eine Lenkungsfunktion. Andererseits haben landwirtschaftliche Betriebe ein berechenbares Einkommen, das zusätzlich zur Ernte für den Erhalt des Hofes sorgt. Die Fördergelder können mit Zusatzzahlungen aus der zweiten Säule bis zur Hälfte des Gesamtgewinns ausmachen. Daher könnten die meisten landwirtschaftlichen Betriebe ohne Subventionszahlungen nicht überleben.
Sind so hohe Agrarsubventionen tatsächlich sinnvoll?
Diese Frage kann unterschiedlich beantwortet werden. Viele Institutionen halten die Subventionen in die Nahrungsmittelproduktion für alternativlos. Die andere Seite der Medaille ist aber, dass die derzeitige Agrarpolitik zu hohen Folgekosten führt.
Überdüngte Felder, dadurch verursachte Nitratbelastungen sowie belastetes Grundwasser oder durch landwirtschaftliche Tätigkeiten zerstörte Ökosysteme – dafür müssen wir ebenfalls hohe Summen investieren. Das Trinkwasser muss beispielsweise wegen der hohen Belastung kostenintensiv aufbereitet werden. Wenn man nur an die Subventionen für Landwirte denkt, um die Lebensmittelpreise niedrig zu halten, denkt man zwar marktwirtschaftlich.
Hohe Folgekosten
Doch volkswirtschaftlich gesehen und mit dem kritischen Blick auf das große Ganze machen diese Zahlungen wegen der hohen Folgekosten nicht wirklich Sinn. Die hohe Grundprämie ist beispielsweise nicht leistungsgebunden. Sie wird rein nach Größe des Landbesitzes verteilt. Nicht Leistung wird belohnt, sondern Landbesitz. Das bedeutet im Klartext, dass eine Einzelperson – zum Beispiel ein Gutsbesitzer – oder eine Gemeinde im Besitz großer landwirtschaftlicher Flächen sein kann, die verpachtet werden – ohne dass der Gutsbesitzer oder die Gemeinde selbst als Landwirte tätig werden.
Beide erhalten trotzdem hohe EU-Subventionen. Angesichts der dadurch steigenden Bodenpreise ist der Zukauf von Land für eine Hoferweiterung für kleinere Agrarbetriebe praktisch nicht mehr bezahlbar. Land dazu zu pachten, ist zwar möglich, kostet die Pächter aber ebenfalls zu viel Geld. Von den landgebundenen Subventionszahlungen profitieren folglich nur diejenigen, die tatsächlich viel Land besitzen. In welcher Weise, in welchem Umfang und mit welchen Methoden sie es bewirtschaften (lassen), wird nicht staatlich beeinflusst.
Umweltbeiträge
Würden die Fördergelder beispielsweise an Umweltbeiträge gekoppelt, würde das in der Summe mehr Sinn machen. Etwa die halbe Landfläche Deutschlands wird derzeit landwirtschaftlich bewirtschaftet. Damit haben landwirtschaftliche Betriebe eine hohe Bedeutung. Sie haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf ökologische Faktoren. Doch statt einen vielseitig nutzbaren Kompakttraktor auf kleineren, mit Knicks abgeteilten Äckern einzusetzen, werden von den Großgrundbesitzern riesige Landmaschinen auf immer größeren Ackerflächen eingesetzt.
Nur Massentierhaltung und Monokulturen rechnen sich noch. Bodenerosion und Erdverdichtung, Düngereinsatz, massiver Pestizideinsatz und Tierleid sind die Folge. Mit jedem vernichteten Knick verlieren mehr Tiere und Pflanzen ihren Lebensraum.
Wie wirken sich Agrarsubventionen auf Verbraucher aus?
Durch das derzeitige System der Subventionen für Landwirte werden die Preise für Nahrungsmittel künstlich niedrig gehalten. Landwirte können landwirtschaftliche Güter zu wettbewerbsfähigen Preisen exportieren. Die Preise für den Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten sinken beständig. Vom Erlös seiner Ernte kann kein Hof mehr leben.
Das zunehmende Höfesterben geht darauf zurück, dass Arbeitsaufwand, Investitions- und Betriebskosten sowie Einnahmen in keinem stimmigen Verhältnis mehr stehen. Kleine und mittelgroße Höfe rechnen sich nicht mehr. Der Trend geht zu Großbetrieben. Doch auf diese kommen zukünftig hohe Investitionen durch Umweltauflagen und verbesserte Tierschutz-Gesetze zu. Die Verbraucher sind zudem nicht mehr bereit, den Preis für Getreide, Milchprodukte, Obst und Gemüse oder Fleisch zu zahlen, der eigentlich verlangt werden müsste.
Weltmarkt als Alternative
Lieber nehmen sie die Auswüchse der Massentierhaltung, die Überdüngung mitsamt aller Folgen sowie die Zerstörung ganzer Ökosysteme durch intensive Landwirtschaft in Kauf. Zudem bietet der Weltmarkt deutlich günstigere Preise für Nahrungsmittel. Die außereuropäischen Nahrungsmittelproduzenten unterliegen deutlich geringeren Umweltstandards. Sie müssen keine Mindestlöhne zahlen. Damit die Landwirte wieder von ihrer Ernte leben können, müsste das System der Fördermittel auf andere Füße gestellt werden.
Momentan diktieren landwirtschaftliche Großbetriebe die Preise. Sie gestalten aber auch Landschaften und könnten daher als Umweltschützer eine bedeutende Rolle spielen. Umwelt-Investitionen, Tierschutz-Bemühungen und ökologische Aspekte müssten bei Subventionszahlungen stärker honoriert werden. Steuergeld sollten Kritikern des Systems zufolge nur noch fließen, wenn die Gesamtgesellschaft von den Subventionen profitiert.
Produkte mit ökologischen Standards
Die hochproduktive Landwirtschaft hat die Preise für Nahrungsmittel zwar niedrig gehalten. Viele Verbrauchen fühlen sich aber zunehmend unwohl mit den Auswüchsen, die durch die Art der Subventionsvergabe entstanden sind. Immer mehr Bundesbürger kaufen daher bevorzugt mit ökologischen Standards produzierte Nahrungsmittel. Betrachtet man das Verhältnis der landwirtschaftlicher Wertschöpfung und der gesundheitlichen Folgekosten, wird das Missverhältnis zwischen Subventionen und Folgekosten deutlich.
40 Milliarden Euro an landwirtschaftlicher Wertschöpfung stehen durch Pestizidbelastungen, Nährstoffmängel, ernährungsbedingte Erkrankungen etc. gesundheitliche Folgekosten von 200 Milliarden Euro gegenüber. Die ökologischen Folgekosten sind kaum noch bezifferbar. Sie sind folglich in der eben genannten Summe noch gar nicht enthalten.
Wie müssten Subventionen für Landwirte zukünftig aussehen?
Die Verbraucher müssen endlich umdenken. Sie müssen den Nutzen realistischer Erzeugerpreise, tiergerechter Ställe, intakter Ökosysteme mit Knicks und Blühwiesen sowie den Nutzen nicht bewirtschafteter Brachen für ihr eigenes Leben erkennen. Denn ohne Insekten und andere Lebewesen, deren Biotope in Knicks und Feldern liegen, wird auch die Nahrungsmittelproduktion nicht unbeeinflusst bleiben. Es mangelt schon jetzt an ausreichender Bestäubung durch Bienen und andere Insekten. Das Interesse der Verbraucher an fairen Preisen, Tierschutz, Blühwiesen, gesunder Fleischproduktion oder kleineren Höfen muss wieder steigen.
Ein Kompakttraktor ist zwar nur auf kleineren landwirtschaftlichen Flächen nützlich. Er spart aber Betriebs- und Treibstoffkosten ein und stößt weniger Abgase aus. Er verdichtet die Ackerböden nicht so stark. Die nötigen Subventionen in die Landwirtschaft müssten zukünftig nach völlig anderen Kriterien bewilligt werden. Möglich wäre beispielsweise, sie nur noch für eine flächengebundene Tierhaltung, die Umstellung auf Ökobetrieb, schonende Fruchtfolgen, häufige Kulturwechsel sowie den Verzicht auf toxische Pestizide und chemisch-synthetische Düngemittel zu zahlen.
Wettbewerbsfähigkeit von Landwirten
Das Umdenken mit Bezug auf Agrarsubventionen muss auf allen Ebenen bis hin zum Konsumenten erfolgen. Die Fördermittel müssen nach sinnvolleren Kriterien vergeben werden. Was weiterhin nicht denkbar ist, ist eine Landwirtschaft, die ohne jede Subvention für Landwirte auskommt. Die Weltmarktlage bestimmt, inwiefern landwirtschaftliche Betriebe hierzulande wettbewerbsfähig sind oder nicht. Die bewilligten Fördermittel müssen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft weiterhin sicherstellen.
Als Exportnation sind wir auf den Export landwirtschaftlicher Güter angewiesen. Zudem muss und möchte der Staat seine Lenkungsfunktion im elementar wichtigen Bereich der Lebensmittelproduktion beibehalten. Der Begriff „Steuergelder“ weist indirekt auch auf die wichtige Steuerungsfunktion von Steuern hin.